Der Garten des weltberühmten Restaurants Noma Der Garten des weltberühmten Restaurants Noma
Einblick in die Gedankenwelt von David Zilber Noma's Fermentationsmeister über die Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Nachhaltigkeit

Interview

Der in Kanada geborene und in Kopenhagen lebende David Zilber wurde als Leiter des Fermentationslabors des dänischen Restaurants Noma bekannt, das mehrfach als „bestes Restaurant der Welt” ausgezeichnet wurde. Derzeit arbeitet er in einem Biotechnologieunternehmen und setzt sich dafür ein, Fermentation und die Entwicklung umweltfreundlicher Lebensmittel der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen.

„Die Tatsache, dass die Fermentation nicht nur Kulturen verbindet, sondern auch dazu beiträgt, sie zu schaffen, ist eine ihrer lehrreichsten und visionärsten Lektionen.“

David Zilber, Leiter des Fermentationslabors des dänischen Restaurants Noma

Sie arbeiteten zuerst als Koch und beschäftigten sich bald mit den Ursprüngen der Ernährung, speziell der Fermentation, die wichtig für eine Vielzahl von Lebensmitteln ist. War dies schon immer Ihre Vision?

Das würde ich so nicht sagen. Ich glaube, ich war schon als Kind sehr neugierig und hatte ein Faible für Naturwissenschaften. Das Problem war, dass ich Hausaufgaben hasste, was irgendwie paradox ist. Andererseits ist die akademische Welt nicht immer geeignet, um die eigene Neugierde zu stillen, sondern eher darauf ausgerichtet zu zeigen, wie gehorsam man ist, indem man Fakten auswendig lernt. Ich ging in die Küche, weil ich nach der Schule einen praktischen Weg einschlagen wollte. Beim Lernen dann wurden verschiedene Teile meines Gehirns und meines Körpers angesprochen. Auch wenn man beim Kochen ständig darüber nachdenken muss, was man tut, ist das keine intellektuelle Arbeit. Und genau das trieb mich nach Jahren in der Küche dazu, meine Neugier und meinen Wissensdurst auf andere Weise zu stillen.

Silhouette stellt das Konzept der Leichtigkeit im Brillendesign in den Mittelpunkt. Inwieweit zeigt sich Leichtigkeit bei Ihren kulinarischen Kreationen und wie integrieren Sie sie in Ihre Arbeit?

Beim Kochen ist Leichtigkeit essenziell. Sie ermöglicht es, den Speisen Dynamik und Dimensionalität zu verleihen. Bei allem bis ans Äußerste zu gehen, schränkt die Möglichkeit, Kontraste zu schaffen, ein. Es gilt, sich geschickt in Zurückhaltung zu üben, um den Gast nicht mit etwas zu überfordern, was er deiner Meinung nach schmeck­en sollte. Aber eine kaum wahrnehmbare Nuance lässt die Kom­plexität aufscheinen und hält die Gäste in Atem. Das geschieht selten durch die Verwendung schwerer Geschmacksnoten.

Welchen Einfluss hat die Nachhaltigkeit auf Ihre Herangehensweise an die Fermentation? Gibt es bestimmte Aspekte, bei denen sie eine besondere Rolle spielt?

Ich würde sagen, dass Nachhaltigkeit überall bei meiner Arbeit in der Lebensmittelwissenschaft eine Rolle spielt. Ganz gleich, ob es um die Entwicklung schmackhafter Rezepte für pflanzliche Salamis, milchfreie Joghurts oder Frühstücksgerichte geht – die Fermentation war und ist bedeutsam für den langfristigen Erfolg unserer Spezies und wird es weiter bleiben. Ich würde sagen, dass eine der vielversprechend­sten Aussichten für eine nachhaltige Zukunft in der Präzisionsfermentation liegt, bei der eigens entwickelte Mikroben auf molekularer Ebene durch Fermentation alles vom tierischen Eiweiß bis hin zum Dünger herstellen können. Mikroben waren die ersten Lebewesen, die die Erde besiedelten, und sie werden noch lange nach uns da sein. Es wäre klug, sich ihre Kraft zunutze zu machen und etwas von ihnen zu lernen, bis uns klar wird, was es gebracht hat, dass wir unseren Weg so lange ohne sie gegangen sind.

Können Sie beschreiben, was Sie sehen und andere nicht?

Rhythmen. Die Rhythmen der Natur, im Großen wie im Kleinen. Das Auf und Ab der Nährstoffe, das Ringen und Kooperieren der Arten im Wettbewerb um Raum und Ressourcen, die Zyklen, Muster und Rhythmen – all das spielt sich in Zeit­lupe über lange Zeiträume hinweg ab.

Eine Innovation, die für die Zukunft benötigt wird?

Die Idee des „Genug”.