Ein Gespräch mit Michael Schmied, CMO und Teil der Gründerfamilie, und Titan Minimal Art Designer Gerhard Fuchs.
“Aus kreativer Sicht ist es eine größere Herausforderung, das Interesse an etwas Bestehendem aufrechtzuerhalten, als etwas Neues zu erfinden.”
Michael Schmied, CMO von Silhouette
"Wir sitzen im ehemaligen Büro meines Großvaters. Hier in Linz wurde vor sechzig Jahren Silhouette gegründet - ein echtes Start-up. Es ist ein sehr besonderer Ort, sowohl für uns als Familie als auch für das Unternehmen."
Michael Schmied, CMO von Silhouette
Wie sind Sie beide in das Unternehmen gekommen?
Michael Schmied: Wenn man in einer Unternehmerfamilie aufwächst, hat man immer eine starke emotionale Bindung zum Unternehmen. In der modernen Welt von heute muss jedoch jeder seinen eigenen Weg gehen und kann dabei seine Leidenschaft verwirklichen und seinen Begabungen folgen. Meine Familie und ich sahen es daher immer als ein „Kann“ und kein „Muss“ für mich, diesen Weg weiter zu beschreiten. Es war also eine sehr bewusste Entscheidung, 2017 meine Arbeit als Produktmanager im Unternehmen zu beginnen. Ich entschied mich nicht nur für eine faszinierende berufliche Herausforderung, sondern auch für einen besonderen Lebensweg, um die Zukunft unseres Familienunternehmens gemeinsam mit meinen Kollegen zu gestalten.
Gerhard Fuchs: Im Jahr 1981 begann ich meine Karriere bei Silhouette als gelernter Werkzeugmacher. Nachdem Arnold Schmied senior meine Brillenskizzen auf einem Stück Schmirgelpapier in die Hände bekam, ermöglichte er mir eine Ausbildung an einer Goldschmiedeschule für Schmuck und Gestaltung. Ende der 80er- Jahre stieg ich dann in die Designabteilung um. Ich glaube, dass es sehr selten geschieht, dass man auf diesem „Umweg“ Designer wird. In unserem Fall war es für beide Seiten bereichernd.
Herr Fuchs, wie lernt man die Entwicklung einer Idee, die es noch nicht gibt?
Gerhard Fuchs: Design ist in gewisser Weise das Natürlichste auf der Welt. Alles in der Natur und im Universum entwickelt sich ständig weiter. Als Menschen haben wir diesen Drang, Dinge weiterzuentwickeln. Jede Idee hat Potenzial für die Zukunft, aber die Herausforderung besteht darin, sie in die Realität umzusetzen.
Wie verläuft die Entwicklung einer Silhouette Brille von der ersten Vision bis hin zum Produkt?
Gerhard Fuchs: Inspirationen können blitzschnell entstehen. Oft habe ich um vier Uhr morgens großartige Ideen und schon am nächsten Tag kann ich mit der Forschungsabteilung nächste Schritte planen. Das Schöne an unserem Unternehmen ist, dass wir über alle erforderlichen Ressourcen verfügen, um diese Ideen an Ort und Stelle marktfähig zu machen.
Welcher Vision folgen die Designs von Silhouette?
Michael Schmied: Unsere Designvision ist langfristig und untrennbar mit der Gründungsmission des Unternehmens verbunden: die schönsten Brillen mit bester Qualität und höchstem Tragekomfort zu kreieren. Diese Vision passen wir kontinuierlich an den Zeitgeist an und richten sie in die Zukunft aus, um Materialien, Techniken, Umweltauswirkungen, Kommunikation und Kundenbedürfnisse zu berücksichtigen.
“Design ist in gewisser Weise das Natürlichste auf der Welt. Die Natur, das Universum, die Erde – das alles ist durch ständige Neuentwicklung entstanden.”
Gerhard Fuchs, Titan Minimal Art Designer
Wie ist die Idee für das Design der Titan Minimal Art entstanden?
Gerhard Fuchs: Anfang der 90er-Jahre arbeiteten wir eng mit dem Trendexperten Gerd Gerken zusammen. Ich hatte die Aufgabe, mich näher mit dem Thema „Minimalismus und Reduktion“ zu beschäftigen und stellte mir die Frage, wie man die schlichteste und reduzierteste Brille gestalten könnte. Das erste Modell, die Minimal Art, entstand aus einem einzigen Drahtstück und zwei Gläsern. Obwohl sie technisch noch nicht vollkommen war, legte sie den Grundstein für die Titan Minimal Art.
Was hat sich in den letzten 25 Jahren bei der Titan Minimal Art geändert und was ist gleich geblieben?
Gerhard Fuchs: Die grundlegende technische Idee hat sich nicht verändert: Das randlose Design, das leichte Gewicht, die Flexzone und die schraubenlose Befestigung sind gleich geblieben.
Michael Schmied: Die Materialien und Fertigungsprozesse im Design haben sich hingegen weiterentwickelt. Seit 2017 erfolgt auch die Herstellung des Glases vor Ort in unserem eigenen Lens Lab. Die Brillen sind zu „100 % Silhouette“, was bedeutet, dass jede Komponente, die Fassungen und Gläser sowie die gesamte Fertigung der Silhouette Brille direkt an unserem Standort in Linz stattfindet.
War die Titan Minimal Art von Anfang an ein Erfolg?
Gerhard Fuchs: Anfangs war der Markt überfordert und der Vertrieb skeptisch. Doch bereits im ersten Jahr verkauften wir über eine Million Brillen.
Michael Schmied: In den Neunzigerjahren sind wir von kurzfristigen Trendkollektionen zu einem Langzeitprodukt übergegangen, was eine Veränderung von innen und die Bereitschaft, neue Wege zu gehen, erforderte. Die Titan Minimal Art hat bewiesen, dass Silhouette dazu in der Lage ist. Aus kreativer Sicht ist es eine größere Herausforderung, das Interesse an etwas Bestehendem aufrechtzuerhalten, als etwas Neues zu erfinden.
Wie kam die Reise der Titan Minimal Art ins Weltall zustande?
Gerhard Fuchs: Durch einen Zufall. Der Optiker einer großen Raumfahrtbehörde stellte fest, dass sie die optimale Brille für den Weltraum ist, weil sie schraubenlos ist und selbst unter einem Astronautenhelm besser sitzt.
Michael Schmied: Die Titan Minimal Art Brillen waren Teil von mehreren Weltraummissionen und verbrachten unzählige Stunden im All. Dafür mussten wir nichts umfunktionieren. Sie halten sogar dem Start einer Rakete und einem schwerelosen Spacewalk stand. Das gibt auch dem Endkunden auf unserem Planeten die Leichtigkeit, unbeschwert durch den Alltag zu gehen.
“Ich glaube, dass jede Vision Potenzial für die Zukunft hat. Das Schwierige dabei ist, sie tatsächlich zu verwirklichen.”
Gerhard Fuchs, Titan Minimal Art designer
Wo steht Silhouette beim Thema nachhaltiger Produktion?
Gerhard Fuchs: Wenn ich von „Leichtigkeit“ als Designprinzip spreche, ist darin bereits ein großes Stück Nachhaltigkeit enthalten. Je weniger Material wir verwenden, desto nachhaltiger arbeiten wir.
Michael Schmied: Das Thema war von Anfang an wichtig für uns. Unser Standort im Wasserschutzgebiet Scharlinz erfüllt stolz die globalen Kriterien. Wir haben unsere CO2-Emissionen, die bei der Herstellung unserer Brillen entstehen, in den letzten Jahren um mehr als die Hälfte reduziert und den Rest kompensiert. Unser Ziel ist es, bis 2027 vollständig CO2-neutral zu sein.
Wie beeinflussen der Generationswechsel und die Altersunterschiede in der Firma den kreativen Prozess?
Gerhard Fuchs: Alle drei Generationen im Unternehmen hatten zukunftsweisende Visionen und jede Ära hat etwas für die nächste hinterlassen.
Michael Schmied: Design ist eine kreative Art, die Welt wahrzunehmen. Es ist wesentlich, unterschiedliche Perspektiven aus verschiedenen Altersgruppen zu haben, die einander inspirieren können. Dennoch ist es wichtig zu verstehen, dass unsere Designs generationsübergreifend funktionieren.
Wie definieren Sie Erfolg?
Gerhard Fuchs: Erfolg und Misserfolg liegen eng beieinander. Der richtige Zeitpunkt, eine reibungslose Technik und die richtigen Menschen, die das Design zur richtigen Zeit nutzen und unterstützen, sind entscheidend.
Michael Schmied: Darüber hinaus braucht man die unternehmerische Überzeugung, dass die eigene Vision realisierbar ist, und muss bereit sein, kalkulierte Risiken einzugehen. Mit dieser Kombination kann man letztendlich die Welt vielleicht ein kleines Stück revolutionieren.
Welche Grenzen hat Silhouette bis heute durchbrochen und welche wollen Sie in der Zukunft durchbrechen?
Michael Schmied: Mit Pioniergeist, viel Liebe zum Detail, dem Anspruch die schönsten Designs zu gestalten und höchste Qualität als Selbstverständlichkeit zu betrachten, wurde die Marke Silhouette gegründet. Im Laufe der Zeit haben wir mit unzähligen Innovationen im technischen und im Designbereich unsere Kunden international in über 100 Ländern begeistert. Wir haben mit unseren Produkten buchstäblich die Schwerkraft überwunden. Den Mutigen gehört die Welt von morgen, daher streben wir ständig danach uns zu verbessern, neue Dinge zu probieren und innovativ zu sein, um die Zukunft pro-aktiv zu gestalten und die Grenzen des Machbaren neu zu definieren.
“Die Titan Minimal Art Brillen waren Teil von mehreren Weltraummissionen und verbrachten unzählige Stunden im All. Für diese Reisen mussten wir kein einziges Element des Originalentwurfes umfunktionieren.”
Michael Schmied, CMO von Silhouette